Fachbereich 9

Wirtschaftswissenschaften


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Öffentliche Güter

Experimente zum Thema

  • Öffentliche Güter und Trittbrettfahrer
  • Steuerfinanzierung öffentlicher Güter
  • Überwindung von Trittbrettfahrerproblemen
  • Versicherungen

Hinweis Glossar:

Einige Begriffe werden in unserem Glossar erklärt.

(in Bearbeitung)

Was für Güter gibt es?

Es gibt unterschiedliche Unterscheidungskriterien für Güter, etwa die Unterscheidung zwischen physischen Gütern (Lebensmittel, Kleidung, ...) und Dienstleistungen (Bahnfahrt, Konzertbesuch, ...). Bei diesem Thema von Economics Works geht es um eine andere Unterscheidung, und zwar nach den Kriterien der sogenannten Rivalität und Ausschließbarkeit. Mit Rivalität ist gemeint, dass nicht unbegrenzt viele Menschen das gleiche Gut gleichermaßen und zur gleichen Zeit nutzen können. Das gilt zum Beispiel für Nahrung oder Kleidung, aber auch für jedes andere physische Gut und die meisten Dienstleistungen. Mit Ausschließbarkeit ist gemeint, dass Menschen andere Menschen von der Nutzung des Gutes ausschließen können. Ausschließbarkeit ist eine Folge aus dem Privatbesitz an einem Gut, aber Ausschließbarkeit gilt zum Beispiel nicht für öffentliche Wege oder Parks.

Im Fokus dieses Themas stehen Güter, für die keine Ausschließbarkeit besteht. Je nach Ausmaß der Rivalität heißen sie Gemeinschaftsgüter oder öffentliche Güter. Ein öffentliches Gut ist in seiner reinen Form ein Gut, bei dem gar keine Rivalität besteht. Solche Güter können keine physischen Güter sein, weil die Ressourcen zur Herstellung der Güter begrenzt sind. Wenn man daher Beispiele für öffentliche Güter sucht, führt man oft Dienstleistungen an, die man schnell für selbstverständlich hält, weil man sie gar nicht als solche wahrnimmt, z.B. öffentliche Sicherheit. Aber streng genommen gilt auch dafür: Es besteht Rivalität, weil z.B. die Polizei nicht gleichzeitig überall für die gleiche Sicherheit sorgen kann. Auch bei Gütern, für die keine Ausschließbarkeit besteht, gibt es also in aller Regel Rivalität. Ein Beispiel ist ein Stadtpark: Er steht allen Bürgern offen, kann aber nicht von allen gleichzeitig genutzt werden (außer er ist sehr groß!).

Öffentliche Güter, für die stets die Gefahr besteht, dass sie zu stark genutzt werden, nennt man Allmende-Güter. Der Begriff Allmende steht für „was jedem gehört“ und damit für eine gemeinschaftliche Bewirtschaftungsform. Ein Wald, den die umliegenden Bewohner nutzen, indem sie Feuerholz sammeln, Bäume fällen oder Tiere jagen, ist ein Allmende-Gut: Wird er zu stark genutzt, wird sein Wert verringert oder gar seine Existenz gefährdet. Dasselbe gilt für andere natürliche Ressourcen wie Gewässer oder Weideflächen. Im Folgenden sprechen wir weiter allgemein von „öffentlichen Gütern“. Es dürfte aber klar geworden sein, dass es sich dabei oft um Allmende-Güter handelt.

Wer kauft das öffentliche Gut?

Die Eigenschaft von öffentlichen Gütern, dass keine Ausschließbarkeit besteht, führt zu einem Problem: Einzelne Personen können das Gut nutzen, ohne es zu bezahlen. Wer aber zahl dann für das öffentliche Gut, wer „kauft es“? 

Beispiel

Betrachten wir ein einfaches Beispiel: In einem Wohnviertel stehen Straßenlaternen, die nachts Licht geben und so die Anwohner sicherer machen: Unfälle werden vermieden und Gefahren kann man früher erkennen. Jede/r Anwohner*in der Straße profitiert somit von der Laterne. Gleichzeitig kann auch keine/r ohne weiteres von dem Licht der Laterne ausgeschlossen werden. Stellen wir uns vor, dass die Bewohner mehrheitlich den Nutzen der Straßenlaternen erkennen und es daher für sinnvoll halten, dass diese an den Straßen aufgestellt werden.

Stellen wir uns dazu vor, die Anwohner*innen der Straße würden sich an einem Abend zusammensetzen und über die Anschaffung der Laternen diskutieren. Ein Vorschlag könnte lauten, dass alle Anwohner*innen zu gleichen Anteilen die Kosten tragen sollen. Aber die Anwohnergemeinschaft kann den Beitrag jedes Einzelnen nicht erzwingen, und deshalb kann es dazu kommen, dass zu wenig Geld zusammenkommt, weil einige gar nicht zahlen wollen und andere nicht so viel wie notwendig zahlen wollen. Anwohner*innen, die nicht zahlen wollen, würden das Gut nutzen, ohne dazu beizutragen; man nennt dieses Verhalten Trittbrettfahren.

Die Möglichkeiten zum Trittbrettfahren würden sehr oft dazu führen, dass öffentliche Güter nicht bereitgestellt würden. Und das obwohl (so haben wir es angenommen) die Gemeinschaft durch die Bereitstellung der öffentlichen profitieren würde.

Trittbrettfahrerverhalten im Experiment

Ob und unter welchen Bedingungen Menschen bereit sind, zur Bereitstellung öffentlicher Güter beizutragen oder aber Trittbrettfahrer sind, ist in den Wirtschaftswissenschaften intensiv erforscht worden. Auch dazu wurden ökonomische Experimente verwendet.

Das erste Experiment zum Thema öffentliche Güter entspricht dem klassischen Experiment aus der Forschung. Es wird Public Good Game genannt und hat die folgenden einfachen Spielregeln: Jeweils vier Teilnehmer*innen bilden die „Gemeinschaft“, die Geld sammelt, um damit ein öffentliches Gut zu finanzieren. Jede*r Teilnehmer*in hat ein gleich hohes Anfangsbudget von 10 Euro. Das die Bereitstellung des öffentlichen Gutes für die Gemeinschaft vorteilhaft ist, wird im Spiel wie folgt abgebildet: Jede*r Teilnehmer*in kann in einen „Topf“ einzahlen. Die Summe der Einzahlungen in den Topf wird verdoppelt, danach wird der Betrag zu gleichen Teilen an alle vier Teilnehmer*innen zurückverteilt. Würden also alle vier die vollen 10 Euro in den Topf legen, so würde 4 · 10 = 40 Euro zusammenkommen und im Topf zu 80 Euro verdoppelt werden, sodass jede*r am Ende 80 / 4 = 20 Euro hat. Alle Teilnehmer*innen entscheiden gleichzeitig, wie viel sie in den Topf einzahlen, ohne zu wissen, was die anderen tun.

Das Spiel zeigt deutlich den potentiellen Vorteil des Trittbrettfahrens, denn jede*r einzelne kann davon profitieren, selbst nicht in den Topf einzubezahlen. Würden zum Beispiel drei der vier Personen die vollen 10 Euro einbezahlen, eine Person dagegen gar nichts, dann wären am Ende 60 Euro im Topf. Das rechte Bild verdeutlicht die Situation. Im Bild hat die erste Person am Ende 10 + 1/4 · 60 = 25 Euro, die anderen drei dagegen nur 15 Euro. Diese Lösung ist für die Gemeinschaft schlechter als eine Situation, in der alle die vollen 10 Euro geben, wie im linken Bild. Denn im rechten Bild haben alle vier zusammen am Ende nur 70 Euro (25+15+15+15), nicht 80 Euro wie im linken Bild. Das Trittbrettfahrerverhalten ist im Experiment eine sogenannte dominante Strategie: Ganz egal, welche Beträge die anderen in den Topf zahlen, der eigene Vorteil ist stets am größten, wenn man nichts gibt. Denkt allerdings jede Person so, landet nichts im Topf, und das ist für die Gemeinschaft insgesamt die schlechteste Situation.

Piktogramm zur Trittbrettfahrerproblematik

Ergebnisse aus Forschungsexperimenten zeigen, dass Experimentteilnehmer*innen durchschnittlich etwa 50% ihres Budgets in das öffentliche Gut investieren. Es gibt also Trittbrettfahrerverhalten. Aber es gibt auch kooperatives bzw. „soziales Verhalten“, also das Beitragen zum öffentlichen Gut. Während sich das Trittbrettfahrerverhalten mit dem Modell des Homo Oeconomicus erklären lässt, erklären (andere) sozialpsychologische Theorien kooperative Verhaltensweisen. Zum Beispiel folgen Menschen sozialen Normen und tragen zum öffentlichen Gut bei, weil sie dies schlicht für richtig halten. In Forschungsexperimenten hat man aber auch festgestellt, dass die Beiträge zum öffentlichen Gut über die Zeit, d.h. bei mehrfacher Wiederholung des Spiels, sinken. Diese Beobachtung kann dadurch erklärt werden, dass sich die Teilnehmer*innen reziprok, nach dem Grundsatz „wie du mir, so ich dir“ verhalten und auf das Trittbrettfahren anderer damit reagieren, dass sie ebenfalls nicht mehr kooperieren.

Wie kann man (mehr) Menschen dazu bringen, (höhere) Beiträge zu öffentlichen Gütern zu leisten?

Forschungsexperimente sind auch der Frage nachgegangen, mit welchen Mechanismen man dafür sorgen kann, dass Experimentteilnehmer*innen besser kooperieren, also mehr zum öffentlichen Gut beitragen. Ein einfacher „Mechanismus“ besteht darin, die beteiligten Personen „an einen Tisch“ zu bringen. Miteinander zu reden bringt in der Regel auch dann etwas, wenn die am Tisch getroffenen Vereinbarungen nicht bindend sind und jede beteiligte Person hinterher doch Trittbrett fahren kann.

Ein starker Mechanismus besteht darin, den Mitgliedern der Gemeinschaft die Möglichkeit zu geben, sich gegenseitig zu belohnen oder zu bestrafen. Experimente zeigen, dass vor allem die Möglichkeit, das Trittbrettfahren zu bestrafen, die Kooperationsbereitschaft erhöht. Auch das Belohnen kooperativen Verhaltens hilft, hat aber einen geringeren Effekt als Bestrafungen.

Ein anderer Mechanismus könnte darin bestehen, dass die Personen aus der Gemeinschaft nicht gleichzeitig, sondern nacheinander darüber entscheiden, wie viel sie zum öffentlichen Gut beitragen.

In einer Variante des Experiments zum Thema öffentliche Güter entscheiden die vier Personen in der Gruppe nacheinander darüber, wie viel sie in den Topf geben. Jede*r Teilnehmer*in sieht, welche Beträge ihre Vorgänger*innen gegeben haben, bevor er/sie selbst entscheidet.

Zu wissen, wie viele andere zum öffentlichen Gut beitragen, gibt Personen Orientierung, die sich kooperativ verhalten wollen. Diese Personen können das Verhalten der anderen kopieren (also genauso viel geben wie die anderen vor ihr). Dadurch ist das Verhalten der Personen, die beginnen, kritisch für das Ergebnis: Beginnt ein Homo Oeconomicus, wird anfangs nichts beigetragen, und dieses Verhalten nehmen sich danach andere möglicherweise „zum Vorbild“, so dass es nicht zur Kooperation kommt.

Die Finanzierung öffentlicher Güter durch Steuern

Eine Situation, in der zu wenige Menschen einer Gemeinschaft bereit sind, zur Finanzierung öffentlicher Güter beizutragen, kennzeichnet ein Marktversagen: Den beteiligten Personen gelingt es nicht, eine Situation herzustellen, die alle besserstellt. Der Begriff Marktversagen rührt daher, dass in der betrachteten Situation keine (staatliche) Autorität eingreift und die Bereitstellung des öffentlichen Gutes erzwingt. Dieser Eingriff der staatlichen Autorität geschieht durch Zwangsabgaben, deren wichtigste Form Steuern sind. Steuern werden Kraft staatlicher Finanzhoheit erhoben, ohne dass diejenigen, die Steuern zahlen, einen Anspruch auf eine direkte Gegenleistung erhalten. Öffentliche Güter werden regelmäßig aus Steuern finanziert. Steuern haben allerdings bei den meisten Bürgern keinen guten Ruf. Zu hoch, zu viele, zu kompliziert: So lässt sich die Meinung Vieler zu Steuern einfach zusammenfassen. Die Folge dieser negativen Grundhaltung zur steuerbasierten Finanzierung öffentlicher Güter ist Steuervermeidungsverhalten: Menschen versuchen, Steuern zu sparen. Das ist ihr gutes Recht, denn es geht dabei nicht um illegale Maßnahmen (etwa: Steuerbetrug), sondern um, wie es einer der Bestseller der Ratgeberliteratur formuliert, „1000 ganz legale Steuertricks“.

In einer anderen Variante des Experiments zum Thema öffentliche Güter entscheiden die vier Personen wieder gleichzeitig darüber, wie viel sie in den Topf geben. Diese Entscheidung allerdings wird in der Form einer „Steuererklärung“ getroffen: Die Teilnehmer*innen legen nicht direkt Geld in den Topf, sondern geben in ihrer „Einkommensteuererklärung“ an, welches Einkommen zu versteuern haben. Der Steuersatz beträgt 50%, so dass ein Teilnehmer 5 Euro in den Topf legt, wenn er angibt, 10 Euro zu versteuern. Diese Angabe aber ist wie im Basisexperiment eine freie Entscheidung der Teilnehmer*innen.

(Abbildung fehlt noch)

Im Experiment können alle Teilnehmer*innen gleichermaßen Steuern zahlen oder Steuern vermeiden. In der Realität ist das allerdings ganz anders: Die Möglichkeiten, Steuern zu vermeiden unterscheiden sich sehr stark nach der Art des Einkommens. Insbesondere international tätige Unternehmen haben weitreichende Möglichkeiten, ihre Steuerlast zu senken, was letztlich den Eigentümern dieser Unternehmen zu Gute kommt.

Der Klimawandel – Was hat das mit öffentlichen Gütern zutun?

Klima ist ein öffentliches Gut: Niemand kann von den Auswirkungen einer Klimaverbesserung wie auch einer Klimaverschlechterung ausgeschlossen werden. Betrachtet man das Problem des Klimawandels aus der Perspektive von Regierungen bzw. Staaten, dann gibt es auch hier das Trittbrettfahrerproblem, denn eine einzelne Regierung kann andere Staaten für das bessere Klima sorgen zu lassen und selbst nichts zu tun oder gar klimaschädliche Strategien (z.B. Förderung des Verbrennens fossiler Energieträger) verfolgen. Die Gemeinschaft ist hier die internationale Staatengemeinschaft, und wiederum gilt, dass die Gemeinschaft durch das Trittbrettfahrerverhalten geschädigt wird, wenn die Folgen des Klimawandels schwerer wiegen als die Kosten der Maßnahmen zu seiner rechtzeitigen Bekämpfung.

Anders als in einer guten Nachbarschaft, der es gelingen kann, genug Geldgeber für Straßenlaternen  zusammen zu bekommen, ist es allerdings für die internationale Staatengemeinschaft sehr viel schwieriger, bindende Abkommen etwa zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes zu schließen. Das liegt auch an der Unterschiedlichkeit der Staaten, nicht nur was ihre politischen Systeme betrifft, sondern auch was ihre wirtschaftliche Macht und ihre Abhängigkeit von der Verfügbarkeit großer Mengen an Energie und Rohstoffen betrifft. Klimaabkommen werden aber gerade so gestaltet, dass sehr viele Staaten daran teilnehmen, und dies führt in der Regel dazu, dass Kompromisse vereinbart werden, die wichtige Klimaziele verfehlen.

Die Mechanismen, die man einsetzen kann, um Menschen dazu zu bewegen, zur Finanzierung öffentlicher Güter beizutragen, sind (in begrenztem Umfang) auch auf die Klimaproblematik anwendbar. So könnten kleinere Gruppen von Staaten Koalitionen formen, die sich anspruchsvollere Ziele setzen. Diese Koalitionen hätten dann eine Vorreiterrolle im Kampf gegen den Klimawandel. Haben diese Koalitionen ausreichenden politischen und wirtschaftlichen Einfluss, können sie andere Staaten zu einem Umdenken bewegen. Studien zeigen, dass Investitionen von Vorreiterstaaten in den Klimaschutz andere Staaten „anstecken“: Geht eine einflussreiche Regierung mit gutem Beispiel voran, so folgen die anderen diesem guten Beispiel - leider gilt das genauso für das „Vorangehen“ mit schlechtem Beispiel.

Links und Downloads

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